Die Therapie von Schilddrüsenerkrankungen
Veränderungen der Schilddrüse sind nach wie vor häufig in Deutschland: Insbesondere bei Menschen über 45 Jahren findet man bei jedem Zweiten eine vergrößerte Schilddrüse (Kropf) oder einen Knoten. Meist können Vergrößerungen der Schilddrüse mit Medikamenten behandelt werden, um ein weiteres Wachstum zu verhindern. Doch je nach Art der Erkrankung, Größe oder Lage der Schilddrüsenveränderung muss krankhaftes oder überschüssiges Gewebe entfernt werden: entweder durch eine Radiojod-Therapie oder die Operation der Schilddrüse.
Wir beraten Sie in den interdisziplinären Sprechstunden des Endokrinen Zentrums am Diakonie-Klinikum Stuttgart, welche Methode bei Ihnen optimal geeignet ist und wir finden zusammen mit Ihnen eine sinnvolle Abwägung und Entscheidung für und wider eine Operation. Hier finden Sie einen Überblick über die häufigsten Schilddrüsenerkrankungen und ihre Behandlungsmöglichkeiten:
Die zu große Schilddrüse
Eine über die Jahre zu groß gewordene Schilddrüse, die mechanische Probleme an Luft- und Speiseröhre, Irritationen wie Kloßgefühl und Schmerzen im Halsbereich verursacht, stellt ein wichtiges Argument für die Operation dar. Die weitaus häufigste Ursache für die Vergrößerung ist der jahrzehntelange Jodmangel. Wenn Maßnahmen der Behandlung wie die Gabe von Schilddrüsenhormon in Kombination mit Jod längerfristig erfolglos bleiben, entscheiden wir gemeinsam mit Ihnen, ob operiert werden sollte.
Die Überfunktion der Schilddrüse
Die häufigste Ursache einer Überfunktion der Schilddrüse ist die diffuse Autonomie, bei der über die gesamte Schilddrüse verteilte Schilddrüsenzellen zu viel Hormon produzieren. Häufig ist auch das autonome Adenom, das heißt einer oder mehrere Knoten produzieren unkontrolliert Schilddrüsenhormon. Seltener können gegen die Schilddrüse gerichtete Antikörper eine Überfunktion wie bei der Autoimmunthyreopathie vom Typ des Morbus Basedow verursachen. Wenn eine medikamentöse Behandlung hier nicht zum Erfolg führt, muss eine Operation oder die Radiojodtherapie erwogen werden. Welche Behandlungsform für Sie geeignet ist, klären wir in unserer Sprechstunde oder in der interdisziplinären Schilddrüsenkonferenz im Endokrinen Zentrum Stuttgart.
Verdacht auf Bösartigkeit bei kalten Knoten
Viele Menschen haben sogenannte kalte Knoten. Dies sind Knoten, die im Schilddrüsenszintigramm keine Stoffwechselaktivität zeigen, also kein Hormon produzieren. Dies kann ein Hinweis auf eine Bösartigkeit sein. Neben harmlosen Veränderungen wie etwa Zysten verbirgt sich hinter 5 Prozent aller kalten Knoten ein Schilddrüsenkarzinom. Aber richtig ist auch, dass die weitaus meisten dieser Knoten gutartig sind. Unser Ziel ist es, eine bösartige Erkrankung möglichst nicht zu übersehen, aber zugleich so wenige Operationen wie möglich vorzuschlagen. Es ist deshalb sehr wichtig, dass eine genaue und detaillierte Untersuchung der Knoten angestellt wird.
Die Größenzunahme solcher Knoten, die Erhöhung richtungsweisender Laborwerte (Tumormarker), besondere Muster der Durchblutung, eine Elastographie (d.h. eine Bestimmung der Härtegrade) der Knoten in der Ultraschalluntersuchung, die Tumorszintigraphie mit Sesta-MIBI sowie die Feinnadelpunktion zur Beurteilung der Zellen, können das individuelle Risikopotential heute sehr gut eingrenzen.
Alle diese modernen Techniken sind in unserem Zentrum verfügbar und können der Situation angemessen zum Einsatz gebracht werden. Wir entscheiden dann wiederum gemeinsam mit Ihnen, ob die Operation oder ein abwartendes Verhalten sinnvoll ist.
Wenn operiert wird, ist es wichtig, dass bei einem Verdacht auf bösartige Veränderungen ein Pathologe bereits während der Operation das entnommene Gewebe untersuchen kann, um eventuell bösartiges Wachstum sofort zu erkennen (Schnellschnittuntersuchung). Auch wenn in diesem Verfahren keine Hinweise auf Bösartigkeit gefunden werden, so findet nach der Operation dennoch eine genaueste histologische Untersuchung statt, bei der das gesamte entnommene Gewebe aufgearbeitet wird. Ein bis drei Tage nach dem Eingriff können wir damit eigentlich immer endgültig feststellen, ob tatsächlich ein Schilddrüsenkarzinom vorlag oder nicht.
Medikamentöse Therapie von Schilddrüsenerkrankungen
Im Endokrinen Zentrum am Diakonie-Klinikum Stuttgart stehen alle modernen Behandlungsmethoden, von der medikamentösen Therapie über die Radiojodtherapie bis zur Operation zur Verfügung. Falls erforderlich wird die Behandlung in Kooperation mit externen Partnern durchgeführt. Die medikamentöse Therapie kann in unserem Endokrinen Zentrum am Diakonie-Klinikum Stuttgart eingeleitet und durch den Hausarzt weitergeführt werden.
- Medikamentöse Behandlung bei Schilddrüsenvergrößerung (Struma)
- Medikamentöse Behandlung bei Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose)
- Medikamentöse Behandlung bei Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose)
Radiojodtherapie
Die Radiojodtherapie von Schilddrüsenerkrankungen erfolgt in Kooperation mit einer Nuklearmedizinischen Klinik. Die Behandlung wird unter stationären Bedingungen durchgeführt. Sowohl bei gutartigen als auch bösartigen Erkrankungen der Schilddrüse kommt die Radiojodtherapie in Betracht. Die individuell berechnete Dosis des radioaktiven Jods wird als Kapsel geschluckt. Die Entlassung aus dem Krankenhaus kann nach Abfall der Radioaktivität unter eine festgelegte Grenzdosis erfolgen.
Die Operation an der Schilddrüse
Die Operation der Schilddrüse stellt in der Hand unserer hochspezialisierten Endokrinen Chirurgen ein sehr kontrolliertes Risiko dar. Die außerordentliche Spezialisierung unserer Operateure, verbesserte Operationsmethoden, feinere Instrumente und moderne Techniken sorgen dafür, dass der Eingriff in den letzten Jahren immer weniger belastend für den Patienten wurde und Komplikationen nur noch sehr selten auftreten.
Die Endokrine Chirurgie am Diakonie-Klinikum Stuttgart bei Erkrankung der Schilddrüse, Nebenschilddrüsen und Nebennieren hat eine jahrzehntelange Tradition und einen überregionalen Ruf. In kaum einer anderen Klinik in Deutschland werden mehr Schilddrüsen operiert als in der Abteilung für Endokrine Chirurgie der Chirurgischen Klinik. Moderne minimalinvasive Operationsverfahren sowie das Neuromonitoring zur Überwachung des Stimmbandnervs kommen während des Eingriffs zur Sicherheit unserer Patienten regelmäßig zum Einsatz.
Eine Schilddrüsenoperation findet meist in Vollnarkose statt, bei ausgewählten Patienten auch in regionaler und lokaler Anästhesie, und dauert meist ein bis zwei Stunden. Über einen kurzen Schnitt unterhalb des Halses („Kragenschnitt“) operiert der Chirurg das kleine Organ. Die Schnittlänge beträgt meist zwei bis fünf Zentimeter und hängt vor allem davon ab, wie sehr die Schilddrüse vergrößert ist. Der Operateur legt nun das Organ auf beiden Seiten frei und entfernt erkrankte oder überflüssige Teile der Schilddrüse.
Minimalinvasive Operationsmethoden an der Schilddrüse
Neben dieser konventionellen oder offenen Operationsmethode setzen wir die minimalinvasiven Operationen an der Schilddrüse ein (MIVAT und OMIT). Mit einer mittlerweile jahrelangen Erfahrung in minimalinvasiver Schilddrüsenchirurgie können wir Sie auch hier ausführlich beraten.
Anästhesieverfahren bei Schilddrüsen-Operationen
Eingriffe an der Schilddrüse erfolgen meist in Vollnarkose. Bei ausgewählten Patienten führen wir die Operation auch in regionaler und lokaler Anästhesie durch. Der Eingriff in Lokalanästhesie bietet verschiedene Vorteile – bei gleichbleibender Sicherheit: Die während der Operation erforderliche Stimmbandnervkontrolle kann „in echt“ durch Ansprache des Patienten erfolgen, es sind keine technischen Hilfsmittel wie das Neuromonitoring erforderlich. Der Aufenthalt im OP verkürzt sich, da die Ein-und Ausleitzeiten entfallen.
Alternativen zur Operation an der Schilddrüse: RFA und HiFU
Wenn eine medikamentöse Alternative nicht gegeben ist und eine Operation auch nicht gewünscht wird, können wir mit Ihnen zusammen prüfen, ob alternative Verfahren zur Zerstörung von Knotengewebe eingesetzt werden können. Hier gibt es derzeit zwei Verfahren: die Radiofrequenzablation (RFA) und die fokussierte hochenergetische Ultraschallbehandlung (HiFU). Bei der RFA wird eine Sonde in den Knotengeschoben und der Knoten innerlich verödet, und die HiFU zerstört Knotengewebe durch speziellen Ultraschall, welcher das Gewebe in der Schilddrüse „akustisch“ zerplatzen lässt. Dies sind noch sehr neue Methoden, die jeweils gesondert bei den Krankenkassen beantragt werden müssen.
Sicherheit während der Schilddrüsen-Operation
Die Sicherheit unserer Patienten ist unser höchstes Gut. Der Chirurg achtet während der gesamten Operation sehr sorgfältig darauf, die Stimmbandnerven und die Nebenschilddrüsen zu schonen. Bei allen Schilddrüsenoperationen wird der Stimmbandnerv während der gesamten Operation überwacht (intraoperatives Neuromonitoring, IONM). Insbesondere bei Zweit- oder Dritteingriffen, beispielsweise bei einer Rezidivstruma, oder bei Operationen wegen des Verdachts auf eine Krebserkrankung, leistet dieses Verfahren wertvolle Dienste. Darüber hinaus benutzen wir stark vergrößernde Lupenbrillen und besonders feine Instrumente sowie die neuesten Instrumente zur Versiegelung von Blutgefäßen. All dies hilft uns die Komplikationen so gering wie möglich zu halten.
Nach der Schilddrüsen-Operation
Die Wunde wird mit von außen nicht sichtbaren, selbstauflösenden Fäden und einer kosmetisch unauffälligen Nahtmethode verschlossen. Drainagen oder Schläuche die aus der Wunde ragen verwenden unsere Operateure in der Regel nicht.
Im Anschluss an die Operation werden wir der Verlauf und alle Befunde einschließlich der feingeweblichen Untersuchung ausführlich mit Ihnen besprechen. Wie vor der Operation auch, wird die Funktion der Stimmbandnerven und der Nebenschilddrüsen am Tag nach der Operation durch entsprechende Untersuchungen kontrolliert. Nach der Entlassung ist die Weiterbetreuung durch uns, unsere endokrinen Partnerpraxen oder durch Ihren Hausarzt möglich. Wie werden Sie hierzu ausführlich beraten.